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Art & Culture Kunst & Kultur imagofeminae.com WINTER 2013/2014 Nr. V
Berührende Neueinspielung der Lieder von Berg, Mahler und Schoenberg.
Lisa Tjalve präsentiert in ihrem neuen Lieder-Album zusammen mit dem Pianisten Heinz Walter Florin eine farbenreiche Auswahl an Liedern aus der Zeit der Spätromantik.
Von Susanna Poldauf
Zeitgenössische Oper Berlin
Lisa Tjalve Photo: Grøn & Grønborg Fotografi
℗ Villa Artis Music
Die dänische Sopranistin Lisa Tjalve widmet sich in ihrem neuen Album (erschienen beim Label: Villa Artis 38-13001) einem sehr emotional aufwühlenden Repertoire, das allein durch den zu erkennenden Zerfall der traditionellen Harmonik den allgemein gesellschaftlichen Zusammenbruch, den der erste Weltkrieg symbolisiert, ankündigt. Es passt somit sehr in die derzeitige allgemeine Betrachtung zur 100 jährigen Erinnerung an den Beginn des ersten Weltkrieges. Lisa Tjalve’s Entwicklung vom barocken Koloratursopran zur tiefgründigen Interpretin der vorliegenden Literatur läßt sich an vielen Stationen und Begegnungen mit großen Künstlern, wie zum Beispiel Claudio Abbado erahnen. Sie sang unter anderem Vorstellungen und Konzerte an der Komischen Oper Berlin, in der Berliner Philharmonie, der Kölner Philharmonie und bei den Salzburger Festspielen. Das vorliegende Album zeigt grundlegend ihre sehr große stimmliche Klarheit, Intonationssicherheit und eine ebenso klar geführte Artikulation des Textes. Während die bekannten Interpretationen und Stimmen der vorliegenden Literatur oft eine schwüle und drückende Atmosphäre mit viel aufgesetztem Vibrato hervorrufen, bekommt in dieser Einspielung gerade die Kombination aus zerfallender Harmonik der Komposition und der klanglichen Reinheit mit einem berührenden Kern in der Stimme eine besondere Bedeutung. Ausgehend von den Liedern aus „Des Knaben Wunderhorn“ von Gustav Mahler, die oft die Sängerin in die Rolle des unschuldigen Mädchens drängen, das ein grausames Schicksal erleiden muss, trifft Lisa Tjalve in ihrer Interpretation hier den passenden Ausdruck. In „Wer hat das Liedlein erdacht“ zeigt sie ihre große Erfahrung im Umgang mit Koloraturen, die elegant und mühelos leicht erscheinen. Während in „Ich ging mit Lust durch einen grünen Wald“ das schlichte innige Naturbild bleibt, beschreiben in „Wo die schönen Trompeten blasen“ die Ereignisse den sicheren Tod des Geliebten auf dem Schlachtfeld. Hier zeigt sich auch das berührende Zusammenspiel mit dem Pianisten Heinz Walter Florin, der es vermag trotz der traurigen Stimmung an den geeigneten Momenten ein tröstliches Funkeln über die Gesangsstimme zu setzen. Beeindruckend ist auch sein Nachhorchen und Zeichnen der Linien über viele Takte eines Diminuendos hinweg, die den allgemein perkussiven Grundcharekter eines Klaviers vergessen lassen. Es singt mit der Stimme zusammen. Gerade hier erinnert Mahler an die Schlichtheit von Franz Schubert im „Leiermann“ der Winterreise. Beide Interpreten treffen hier innig genau den erforderlichen Ton.
Bei den frühen Liedern von Alban Berg zeigt Lisa Tjalve auch ihre starken dramatischen Seiten, während Florin die von Berg in vielen Ebenen komponierte Polyphonie durchsichtig hörbar macht. So bauen beide im an Debussy erinnernden Lied „Nacht“ große Spannungslinien auf, die das im Text gegebene Bild vom „weiten Land“ erfahrbar machen. Im Schilflied zeichnen sie musikalisch die Wanderung über verschlungene Pfade in der Abendstimmung in einem tiefen Liebesgefühl nach. „Sommertage“ bildet hier ein Beispiel aufgewühlter Leidenschaft und Virtuosität. Die „Vier Lieder Op. 2“ von Arnold Schoenberg gehören zu den eher selten aufgeführten Werken und stehen für die spätromantische Phase des Komponisten. Lisa Tjalve gelingt es hier eindrucksvolle musikalische Bilderwelten entstehen zu lassen. Die „schneeweisse“ Hand einer unbekannten Schönen in einem Haus an einem meergrünen Teich wird ebenso plastisch, wie das Bild eines vor Liebe sehnsüchtigen Jesus in Gegenwart von Maria Magdalena. Wie schon bei Schumann’s Liedern bilden die längeren Klaviernachspiele auch hier eine klangliche Reminiszenz, die Heinz Walter Florin in vielen Klangfarben abtönt.
Fazit:
Insgesamt zeigt die vorliegende Einspielung eine andere aber sehr intensive musikalische Sichtweise, als man im Allgemeinen gewohnt ist. Vieles, wie beispielsweise die traditionellen Tempi und dynamische Abstufungen werden hinterfragt und neu beleuchtet. Den beiden Künstlern ist diese Herangehensweise sehr zu danken. Wieder einmal zeigt sich, dass eine intensive und besondere Art zu Musizieren nicht immer mit den ganz großen Namen und CD-Label verbunden sein muss.
Susanna Poldauf
Zeitgenössische Oper Berlin
Susanna Poldauf studierte Kultur- und Theaterwissenschaften in Berlin (HUB). 2001 erschien ihr Buch über den Schachspieler und Komponisten Philidor Seit 2007 ist sie Produktionsleiterin und Dramaturgin bei der Zeitgenössischen Oper Berlin.
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