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IMAGOFEMINAE
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CURRENT
imagofeminae XXX III Summer 2022
female ART & CULTURE
image: Boriana Pertchinska 2002 foto: imagofeminae copyright 2022
Boriana Pertchinska wurde als bulgarische Künstlerin in die Anthologie „Women in Art - The Great Female Artists From the Middle Ages to the Modern Era“ 2013, R. Fuchs, aufgenommen. Sie ist Trägerin zahlreicher Preise. International ist Boriana Pertchinska mit ihren Ausstellungen eine bekannte Künstlerin. Sie lebt und arbeitet in Berlin.
Interview & Reportage: Paiman Maria Davarifard
image: Boriana Pertchinska 2022 foto: Copyright imagofeminae # XXXIII
BORIANA PERTCHINSKA
Künstlerin (Bulgarien-Deutschland)
image: artwork by BORIANA PERTCHINSKA - imagofeminae summer 2022 # XXXIII - CURRENT - Copyright 2022 by imagofeminae.com.
Boriana Pertchinska: Ich bin eine Malerin im klassischen Sinn, arbeite mit der Materie, mit Pigmenten und zahlreichen anderen malerischen Substanzen, und diese Elemente komprimiere ich in meinen Werken in der Tiefe der Farbschichten.
Analogkünstlerin – das ist meine Kunstposition. Die Übertragung der Emotionen in eine virtuelle Realität ist ein zentraler Aspekt der Arbeit an meinem Zyklus „Transfer“. Das Thema bearbeite ich seit einigen Jahren. Dabei setze ich mich mit verschiedenen Fragen auseinander, die in unserer immer stärker von Digitalität bestimmten Welt sehr präsent sind: Wie transferieren sich Emotionen von der Analog- in die Digitalwelt? Schafft es die TRANSpotenz der Materie, bei der Übertragung von einer Ebene in die andere ihre Ladung nicht zu verlieren? Wird die Botschaft komprimiert/ transformiert/ deformiert? Was bleibt von der Realität übrig, was ist Realität.
Mit klassischen Maltechniken arbeite ich schon seit meiner Studienzeit - ich habe Wandmalerei studiert. Ich nutze heute die Maltechnik der byzantinischen Ikonographie (auf Kreidegrund) und Maltechniken der Renaissance als Ausgangspunkt für meine Experimente und verleihe damit der postmodernen Realität Dauer und Tiefe. Ich suche die Schnittstelle zwischen klassischen und zeitgenössischen Ausdrucksformen, die den widersprüchlichen Kontext des modernen Menschen ausdrücken können.
Die Zeit ist immer ein besonderer Faktor in meiner Kunst. Ich male sehr lange an meine Werken. Auf Jute mit Kreidegrund bringe ich Schichten aus Pigmenten, Tempera und Acryl auf und finde den Effekt "symbolischer Patina": Spuren vergangener Ausdrucksformen, die im zeitgenössischen Objekt aufgehoben sind und so wirken, als habe die Zeit ihren Stempel gesetzt. In der langen Projektion der Kunstgeschichte suche ich meine individuelle ästhetische Sprache. Ich benutze die Zeichen der Zeit mit neuer Symbolik - in den Schnittpunkten zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Die Malerei ist ein psycho-physischer Akt, in dem ich meine persönliche Energie ohne Vermittler direkt auf die Leinwand übertrage. In dem Prozess kämpfe ich mit mir, es ist eine Herausforderung, das Gebaute manchmal bis zur Faser zu ruinieren, um wieder ein Neues zu schaffen.
Ich komme aus einem Land, das die Grenze zwischen Europa und Orient markiert, mit vielen Schnittpunkten, zahlreichen Kulturschichten. Meine ersten Jahre, die Kindheit und frühe Jugend, habe ich an der Donau gelebt, in einer Region, die seit Jahrhunderten durch den Übergang, das Nebeneinander und die Mischung unterschiedlicher Kulturen geprägt ist. Mein Großvater hatte einen Garten, der bis zum Donauufer reichte und in dem wir, meine Familie und ich, uns im Sommer getroffen haben. Am Donauufer konnte man lange Zeit Artefakte aus den verschiedensten Zeiten finden, Thrakisches, Römisches, Scherben aus der türkischen Zeit und vieles mehr. Durch die Artefakte, die ich als Kind gefunden habe, habe ich die Macht der Zeit auf einer taktilen Ebene gespürt, sie ist direkt durch meine Hände gegangen. Ich habe diese Sensoren, diese Art, die Welt durch meine Hände wahrzunehmen, sehr früh trainiert. Die Donau hat immer dann, wenn sie wenig Wasser führte - oder nach einer Überflutung - ihre Schätze geschenkt. Wir haben als Kinder stundenlang den Strand nach diesen Schätzen aus früheren Zeiten abgesucht. In meiner Kunst suche ich jetzt stets nach einer Form dauerhafter und zutiefst bedeutungsvoller Inhalte, suche nach Antworten auf die Frage nach der dualistischen Natur des Menschen in der Konfrontation mit der obsessiven, übertechnologischen und überinformatisierten Welt. Die Donau hat in sich die Realität gespiegelt und ich spiegele die visuelle Realität in einer geistigen Ebene.
Die Integrität von Psyche und Funktion, Mechanismus und deren Konflikt prägen die Diptychen in meinem Zyklus „Transfer“. Die visuellen Konstrukte baue ich aus der Kollision und Symbiose bedeutungsvoller und plastischer Gegensätze. In Widin, der Stadt an der Donau, in der ich aufgewachsen bin, haben wir oft in Ruinen gespielt, und das beeinflusst bis heute meine Kunst, es hat mir ein Bewusstsein gegeben vom langen Prozess des Sammelns, Bauens, Ruinierens und wieder Bauens. Ich lege in meiner Malerei eine Schicht über die andere, baue so meine Bilder auf, entwickle sie und ruiniere sie dann wieder an bestimmten Stellen, zerstöre, was ich vorher aufgebaut habe, um eine neue Realität zu erreichen. In vielen verschiedenen Ebenen codiere ich meine Botschaften, so wie ich das in den Ruinen, den Kulturschichten meiner Kindheit gesehen habe. In meiner engsten Familie gibt es viele Künstler, Mutter - Onkel - Tante - Kusine. Sie haben mich sehr beeinflusst und immer unterstützt. Das Theater, in dem meine Mutter als Bühnenmalerin gearbeitet hat, war eine Oase der Freiheit in dem System, in dem ich großgeworden bin. Diese magische Welt, in der man die äsopische Sprache verwendet hat, hatte einen anderen Zugang zur Realität.
Da habe ich verstanden, dass man in vielen Formen und Realitäten existieren kann und die Kunst das möglich macht. Durch die Illusion als Mittel der Kunst habe ich gelernt, meine Botschaften zu suggerieren, ohne sie zu beschreiben. 2009 bin ich nach Deutschland gekommen, nach Bayern, in die Donaustadt Passau. Ich hatte dort das Gefühl, dass der rote Faden in meinem Leben durch die Donau als Transmitter weitergeführt wird. Das Herausbewegen aus meiner früheren Umgebung war ein wichtiger Schritt in meiner künstlerischen Entfaltung. Man tritt aus der Umgebung heraus, in der man sich bewegt hat, aus der Rolle, die man gespielt hat, die man gewohnt war, und sucht neue Wege, die keinen Erwartungen entsprechen, um sich neu zu finden und zu entwickeln.
VIDEO: Art EXHIBITION TRANSFORMING IDENTITIES Boriana Pertchinska imagofeminae 2016 Copyright by imagofeminae.com ISSN 2195- 2000 Deutsche Nationalbibliothek. ALL RIGHTS RESERVED
IMPRESSUM
BORIANA PERTCHINSKA - Bulgarische Künstlerin - imagofeminae CURRENT. ISSN 2195-2000 Deutsche Nationalbibliothek. REDAKTION: Dr. Sandra Boihmane, Boriana Pertchinska, Velika Müller, Paiman Maria Davarifard. Report: Paiman Maria Davarifard. Lektorat: (Deutsch) Reimar Westendorf. imagofeminae summer 2022 # XXXIII ALL RIGHTS RESERVED. Copyright Berlin 2022 by imagofeminae.com.